Lyrik ist die Urform der Dichtung, weil sie sich am persönlichsten mitteilt. Lyrik ist gekennzeichnet durch das unmittelbare Ergründen innerseelischer Bewegung im und durch den Dichter, durch das unmittelbare Freilegen der eigenen Empfindungswelt und die sprachliche Erhebung dieses Einzelerlebens ins Allgemeingültige und Symbolhafte.

Der Leser gewinnt durch einfühlendes Verstehen dieses Erleben sofort als neue Lebenswahrheit für sich, und zwar um so leichter, je reiner der sprachliche Ausdruck gelungen ist.

Gerade im aphoristischen Gedicht gibt es deshalb nur ein Kriterium der Wirkung – aufrichtige Empfindung und ihre Sprache.

Aphoristische Lyrik als Kunst legt nur mit ihrer Wahrhaftigkeit die Phantasie und den Selbstanspruch des Lesers frei, denn sie kennt seine Sehnsucht nach unverstellter Selbstempfindung.

Aphoristische Lyrik war für Hans-Christoph Neuert aufrichtiges Erleben, das als Bewusstsein durch die Seele zieht und fordert immer den Bewusstsein als Wahrheitsgefühl schreibenden und lebenden Dichter.