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Endstation Sehnsucht
zoe
Antwort auf einen offenen Brief von Wanda an ihren
Geiger
So meine liebe Wanda,
ich setze mich mal neben dich auf die Bank am Gleis. Ich
spüre den kalten Wind der dich umweht und nehme dich
ganz sacht in meine Arme um dir ein wenig Wärme zu
schenken.
Auch er ist hier, wir sehen ihn uns gemeinsam an, wie er
da steht mit seinem Gepäck wirr zwischen den Gleisen hin
und her laufend.
sein Gepäck scheint schwer, er geht gebeugt und scheint
unter der Last fast zu zerbrechen. Seine Augen sind
unruhig und sehen dich flehend an. du zitterst ich kann
es spüren, ich nehme dich etwas fester in den arm und
versuche dir Halt zu geben.
Mutig mit deiner rosaroten Brille in der Hand ist es dir
gelungen ihn jetzt so zu sehen, wie er wirklich ist. Er
läuft schnell atmend und keuchend hin und her,
Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. Die Züge laufen
ein und Panik macht sich auf seinem Gesicht breit. Sein
Gepäck, in dem sich unerfüllte Sehnsüchte, seine Ehe,
gesellschaftliche Rahmenbedingungen, Ängste und seine
Feigheit befinden, lässt ihn immer schwerer schleppen
und langsamer werden.
Er sieht dich und will zu dir, denn er weiß du wirst
gleich in einen der Züge steigen. Doch er lässt sein
Gepäck nicht los, stumme Schreie sollen dich halten. Bei
ihm bleiben sollst du, auf dem Gleis ins nirgendwo. Ich
nehme dir sacht die rosarote Brille aus der Hand und
lasse sie in meiner Jackentasche verschwinden.
Die Züge sind zum Stehen gekommen. Es ist Zeit Wanda;
lass uns aufstehen.
Ich sehe den Schmerz und die Trauer in deinen Augen,
deine Liebe für ihn wie du ihn ansiehst. Schau genau hin
Süße, sieh ihn so wie er wirklich ist, wie ein Kind
wütend aufstampfend will er alles, trotzig reißt er an
seinem Gepäck aber er wird es nie loslassen, niemals
hörst du, wohl nicht in diesem Leben.
Du hast keine Zeit mehr zu warten Wanda, komm steh auf
ich helfe dir. Der dumpfen Ohnmacht nah ziehe ich dich
von der Bank hoch, ich fühle deinen Schmerz in meinem
Herzen. Schau ihn dir an Süße, er spürt in seinem Herzen
nur sich selbst.
Die Türen schließen gleich, ich schiebe dich vorwärts.
Komm hebe dein rechtes Bein auf die Stufe, gut so- ich
stärke dir den Rücken. So und jetzt das linke Bein. Du
hast es geschafft du bist drin. Ich hauche dir noch
einen Kuss auf die Stirn und verabschiede mich von dir.
Du greifst nach deinem Gepäck aber ich lasse das nicht
zu. Ich werde es für dich aufbewahren Wanda solange bis
du stark genug dafür bist, dich aus freien Stücken damit
nicht mehr belasten zu wollen.
Wirf einen letzten Blick auf ihn und dann dreh dich um.
Such dir ein kuscheliges Abteil aus. Ich stehe jetzt am
Gleis und sehe dich am Fenster sitzen. Tränen kullern
über deine Wangen, sieh mir fest in die Augen Wanda, es
wird gut gehen glaube mir. Die Türen schließen sich und
der Zug setzt sich in Bewegung, ich laufe neben deinem
Wagon her, er soll nicht das Letzte sein das du siehst.
Der Zug wird schneller, ich kann nicht mehr mithalten
und ich schaue dir noch lange nach, obwohl du schon fort
bist.
Ich wünsche mir, dass es sich dieses Mal gelohnt hat
wieder in den Zug zu steigen....der dieses Mal auf einem
anderen Gleis fährt, auf dem richtigen Weg. Hinaus ans
Ende des Tunnels, da wo der Lichtpunkt am Horizont zu
sehen ist. Viel Glück meine liebe Freundin für dein
gerade neu gewonnenes Leben.
Langsam drehe ich mich um, nehme dein Gepäck, mein Gott
ist das schwer, gefüllt mit endlosen Versuchen,
Sehnsüchten und Schmerzen. Ich gehe an ihm vorbei.
Mitleidlos mit kalten Augen sehe ich zu, wie er wieder
wirr auf und ab läuft. Niemand kann ihm helfen, er lässt
keine Hilfe zu, denn er fühlt sich wohl in seinem
Irrsinn.
Dein Gepäck liebe Wanda verschließe ich in einem der
Fächer am Bahnhof, und den Schlüssel stecke ich ein.
Falls du es wieder haben möchtest...bitte mich um den
Schlüssel...ich werde ihn dir geben.....zu gegebener
Zeit.......
Verbunden
zoe
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Foto: Robert
D.K. www.piqs.de
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