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Die Geliebte

Simone Häfener

Rivalin, Gespielin, Nebenbuhlerin, Worte die sich im Laufe der Geschichte nicht wirklich geändert haben. Ich nenne es ” die theatralische Metamorphose der Frau ”. Geliebte zu sein, zieht den Duft des Verruchten - Geheimen nach sich. Spielerisches Umweben seiner Gefühle, wie eine Spinne, die Ihren Partner nach dem Liebesakt verschlingt. Starke Persönlichkeiten, unter deren Einfluss Männer wie Wachs dahin schmelzen, Kriege auslösten und ganze Völker ins Verderben schickten.

Das sich im Laufe der Jahre ein gewisser Intellekt dazugesellte, ist nicht zu leugnen. Etwas geben können, was die ”Andere ” nicht kann oder will, treibt das starke Geschlecht in ihre Arme. Was für ein Triumph. Was für eine blinde Euphorie, einen Mann an sich binden zu wollen, der genau dieser Enge seines trauten Heimes entfliehen möchte.

Sie ist ein magisches Wesen für ihn, welche geduldig wartet, bis er seiner Frau wieder einmal eine Geschichte von Überstunden, Geschäftsessen oder sonstigen, seiner, auf wundersame Weise entsprungenen Phantasien auftischt. Natürlich lächelt sie auch dann, wenn er in machohafter Weise zum Handy greift, sich bei seiner Frau entschuldigt, dass es wieder später wird, während sie in seinen Armen liegt.

All diese Ausschweifungen funktionieren so lange, bis, ja bis, sich die emotional nicht greifbare Gefühlsregung der Liebe einen Weg in diese Beziehung bahnt. Spuren durchlittener Nächte, lassen die Konjunktur der Kosmetikstudios und Beautyfarmen aufleben. Zerschlagene Gläser, welche sich, noch halb gefüllt mit edlem Bordeaux, zur Freude eines jeden Malermeisters, an den Zimmerwänden wieder finden. Hysterische Anfälle, die das Herz der Psychologen höher schlagen lässt oder Freundinnen, die dieses ewige Gejammer nicht mehr ertragen können und sich mehr und mehr zurückziehen.

Geliebte zu sein macht einsam. Von dem Tag, an dem sie ”Ihm” ihr Denken und Fühlen opfert und ihre eigene Identität aufgibt, beginnt die Frage nach dem Warum. Managerinnen, wie Putzfrauen sitzen im selben Boot. Warum nehmen Frauen Jahr für Jahr diese seelischen Qualen auf sich. Nur um ihren Spaß zu haben? Mit Sicherheit nicht, denn als Geliebte wird man nicht geboren, man wird zu ihr gemacht. Ist es die Sehnsucht nach Geborgenheit oder der Drang, sich in moralisch nicht akzeptable Gefilde zu begeben? Spitze Zungen behaupten, dass diese Frauen keinen Mann bekommen und sich deshalb verheirateten Männern wahllos an den Hals werfen.

Doch ist es nicht eher so, dass diese Beziehungen einen Reifeprozess durchlaufen? Ungezwungene Gespräche unter Kollegen, die sich über einen längeren Zeitraum einstellen, das Entdecken vieler kleiner Gemeinsamkeiten, welche eine vertraute, ja fast intime Atmosphäre ausstrahlen. Der Kaffee oder das Glas Wein, zu dem man sich nach Feierabend trifft, bevor sie die Familien in Anspruch nehmen. Die Ungezwungenheit einer Freundschaft. Bis man erkennt, dass im Verborgenen ein tiefes Gefühl entstand, das förmlich nach Erfüllung schreit. Das Gewissen, welches sie Nächtelang nicht schlafen lässt, fordert sein Tribut. Vielleicht hat sie all diese Seelenqualen als einstige Ehefrau selbst durchlitten und möchte seiner Familie nicht den Vater und Mann nehmen.

Das Herz sagt ja, der Verstand nein. Was siegen wird, liegt in seiner Endgültigkeit, an der Endscheidung des Mannes. Die Dauer dieser Beziehungen trifft oft das Leben selbst. Gewohnheit die sich einschleicht, wenn der Schleier der Verliebtheit den Bildern der Realität weicht. Einsame Überlegungen, ob sie wirklich ihre schönsten Jahre mit Warten verbringen möchte. Seine ständigen Vertröstungen, die seine Bequemlichkeit zum Ausdruck bringen. Die Firma, die er verlieren würde, wenn er seine Frau nach einer Scheidung ausbezahlen müsste, Kinder, die ihren Vater brauchen um groß zu werden.

Ausweichende Gespräche, dass man auch zwei Frauen gleichzeitig lieben kann, lassen ihr die letzte Farbe aus dem Gesicht weichen und ihre Hilflosigkeit erkennen, Wenn er sich in diesem Rollenspiel wohl fühlt, zu Hause eine treusorgende Ehefrau zu haben und eine Geliebte, die immer ein offenes Ohr für seine Sorgen und sexuellen Phantasien hat, wird sie ewig Nummer zwei in seinem Leben bleiben.

Simone Häfener

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Foto: josepina www.aboutpixel.de