 Haben heimliche Geliebte Rechte?
Moderne Zeiten: Fremdgehen mit und ohne Testament
Es gibt Frauen, die sind schön, intelligent, stark und erfolgreich im Beruf.
Vielleicht waren sie schon mal verheiratet, vielleicht haben sie Kinder. Sie
sind Mitte 30 bis Mitte „something“ und kaufen sich Schmuck und Klamotten vom
eigenen Geld.
Es geht ihnen gut, sie haben nette Freunde, sind sportlich und engagiert. Diese
Frauen sind prädestiniert, Geliebte eines verheirateten Mannes zu werden.
Immer dann, wenn sie ihr Singledasein genießen, laufen sie höchste Gefahr, ihn
zu treffen. Er lauert irgendwo auf einer Party, sitzt an der Bar, ist ein
verständnisvoller Arbeitskollege oder findet ihre Homepage im Internet. Dann
schickt er spontan eine Email mit dem Betreff „good stuff“. Zuerst ist es bloß
ein Flirt, es geht darum, zu tanzen, Spaß zu haben, miteinander zu reden.
Scherzhaft wird über „Pheromone“ gesprochen, Wirkstoffe, die auf andere
Individuen der gleichen Art Einfluss haben und sie anlocken. Handy-Nummern
werden ausgetauscht. Am nächsten Tag ruft er schon an. Intelligenz ade. Es
beginnt eine Affäre, die für ihn außerehelich und für sie von Bedeutung ist.
Meistens dauert das nicht lange.
Aber was ist, wenn das Ganze über einen verlängerten One-Night-Stand hinaus geht
und einige Monate oder vielleicht sogar Jahre anhält?
Gibt es Geld oder eine andere Form der Entschädigung, wenn er keine Lust mehr hat?
Geliebte investieren sehr viel in die Beziehung zu einem verheirateten Mann. Er
kommt in ihre Wohnung. Er nutzt ihre vollen Ressourcen. Er beansprucht ihre
Zeit, er isst und trinkt aus ihrem Kühlschrank. Er duscht, telefoniert und surft
auf ihre Kosten im Internet. Vielleicht verzichtet sie seinetwegen sogar auf
einen anderen Mann und verschwendet Jahre ihre Lebens.
Würde sie sich dafür unmittelbar vergüten lassen, wäre sie keine Geliebte,
sondern ein Call-Girl. Ein entsprechender Dienstleistungsvertrag wäre
rechtzeitig zustande gekommen und er würde für ihre Liebesdienste gut bezahlen.
Würde die Geliebte von Anfang an Geld verlangen, wäre sie auf der sicheren
Seite. Das tut sie aber nicht, weil sie eine emanzipierte Frau und kein
Call-Girl ist. Sie hat alles im Griff, solange er Interesse an ihr hat. Fraglich
ist, ob sie einen Anspruch auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld erlangt, wenn
am Valentinstag seine SMS mit dem Inhalt: „Danke, ich möchte keinen Sex mehr“
eingeht.
Sein Aufrechnungsargument lautet am Ende „Du gefährdest meine Ehe und die
Beziehung zu meinem Kind“. Eine fiese Attacke unterhalb der Gürtellinie. Kann
sie ihn wegen dieser Unterstellung anzeigen oder verklagen?
Nein.
Es lebe der Seitensprung in der „Geiz-ist-geil“ – Gesellschaft. Er verpflichtet
zu nichts. Ein verheirateter Mann, der früher für seine Mätresse oder Konkubine
tief in die Tasche greifen musste, bekommt heute alles umsonst. Die Geliebte
muss sich nach einer Trennung damit abfinden.
Wenn doch Liebe im Spiel ist: ein Testament für die Geliebte?
Juristisch gesehen existieren Geliebte nicht. Sie haben nur dann Rechte, wenn
für den Todesfall durch den verheirateten Partner Vorkehrungen mittels Testament
getroffen werden. Derartige Fälle sind heutzutage eher selten (siehe oben),
dennoch geschieht es manchmal, dass eine Geliebte zur Allein- oder Teilerbin
ernannt wird. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits 1982 entschieden, dass ein
„Geliebtentestament“ zulässig ist, wenn der Einzelfall das rechtfertigt (BGH vom
10.11.1982, Az IVa ZR 83/81).
Was ist, wenn die Familie nach dem Erbe lechzt?
Jüngeren Datums ist ein Beschluss des Bayrischen Oberlandesgerichts München vom
24. Juli 2001, (Az 1Z BR 20/01 ).
Darin geht es um die Sittenwidrigkeit der Erbeinsetzung eines außerehelichen
Lebenspartners und um die Anfechtung eines Testaments wegen so genannten
Motivirrtums unter Umgehung der Angehörigen des Verheirateten, der seine
Geliebte berücksichtigt hatte. Die Angehörigen – zwei frühere Ehefrauen und
eheliche Kinder – wollten den letzten Willen des verstorbenen Mannes für nichtig
erklären lassen, indem sie vortrugen, er wollte mit der Erbschaft seine Geliebte
lediglich für Sex entlohnen.
Im Beschluss der Bayern heißt es wie auch schon beim BGH:
„Eine letztwillige Verfügung ist sittenwidrig und nichtig, wenn ein Erblasser
die Frau, zu der er außereheliche, insbesondere ehebrecherische Beziehungen
unterhalten hat, dadurch, dass er sie durch letztwillige Verfügung bedenkt, für
die geschlechtliche Hingabe entlohnen oder zur Fortsetzung der sexuellen
Beziehungen bestimmen oder diese festigen will. Trägt aber die letztwillige
Verfügung nicht ausschließlich einen derartigen Entgeltcharakter, bildet mithin
nicht allein die Belohnung für geschlechtlichen Umgang oder die Bestimmung zu
einem solchen den Grund für die Zuwendung an die Bedachte, dann kann auch nicht
allein mit der Tatsache, dass die Bedachte zu dem Erblasser in sexuellen
Beziehungen gestanden hat, die Sittenwidrigkeit des Zuwendungsgeschäfts
begründet werden. Infolgedessen kann auch der Umstand, dass eine letztwillige
Zuwendung ihre Grundlage in einer nicht legitimierten Beziehung zu der Bedachten
hat, es für sich allein genommen nicht rechtfertigen, der letztwilligen
Zuwendung die rechtliche Anerkennung wegen Verstoßes gegen die guten Sitten zu
versagen.“
(Fundstelle: www.juris.de, juris-Rechtsprechungsdatenbank)
Im Klartext: Ein verheirateter Mann und Familienvater, der auch etwas für seine langjährige
Geliebte übrig hat, kann sie in seinem Testament bedenken, ohne dass (Ex)-Ehefrau(en)
und Kinder diese Entscheidung für sittenwidrig erklären lassen können. Eine
Geliebte leistet eben nicht nur sexuelle Dienste.
Praxistipp:
In der Praxis der Gestaltung eines Testaments für die Geliebte ist deshalb
darauf zu achten, wie es formuliert wird. Es darf nicht den Anschein erwecken,
dass der Erblasser von ihr beeinflusst worden sein könnte. Denn im Fall einer
Anfechtung kommt es darauf an, dass über das intime Verhältnis hinaus eine
Beziehung bestanden hat. Dagegen, dass eine solche Beziehung wirtschaftlich
abgesichert werden soll, ist nichts einzuwenden.
Was für Geliebtentestamente gilt, gilt auch für Testamente unter Freunden. Erst
recht, wenn Familienangehörige entweder nicht vorhanden sind oder nichts
bekommen sollen. Auch wer rein gar nichts zu vererben hat, sollte wenigstens
testamentarisch regeln, dass seine liebsten Menschen den Nachlass ordnen und
sich um seine Bestattung kümmern dürfen und nicht etwa der Staat oder lieblose
Verwandte.
Nach diesem Exkurs für Freunde noch mal zurück zur Geliebten mit einem
unjuristischen Rat. Dieser lautet: Hände weg vom verheirateten Lover, wenn er
nicht wirklich die große Liebe ist, für die es sich lohnt, in Kauf zu nehmen,
keine Rechte zu haben.
In nur vier Prozent der außerehelichen Beziehungen gelingt es dem/der Geliebten
irgendwann, den Platz des Ehemannes/der Ehefrau einzunehmen. (Quelle:
Bleiben oder Gehen - Wenn Untreue Ihre Beziehung bedroht’ von Debbie Then, ).Ein schwacher Trost ist da wohl das Geliebtentestament.
Foto: Thorben-Wengert und Rainer Sturm..
pixelio.de. Text:
© Regina Kohn Rechtsanwältin,
reginakohn.de
geschrieben für 123recht.net.
Frau Kohn war so freundlich, mir diesen Artikel für dieGeliebte.de zur Verfügung
zu stellen. Vielen Dank!
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