Eine Liebe ohne Alltag
Seite 1 |
2 |
3 |
[Werbung]
Das
Konkubinat wird immer in Bezug auf die Ehe definiert. Von dieser
Definition sind die Grenzen zwischen ihm, zum einen, und der
Polygamie, also neben- bzw. außereheliche Beziehungen, zum anderen,
abhängig.
Teilweise diente das Konkubinat einem ähnlichen Zweck wie dem der
rechtmäßigen Ehefrau, wo der Mann sich eine weitere Frau mit
vollberechtigtem Status nehmen konnte, um z.B. einen Erben
zu bekommen.
Interessant bei der Geschichte des Konkubinats ist, dass diese Form
sozial war, jedoch einem ehelichen Verhältnis nicht gleichwertig
gestellt wurde. Trotzdem bestand aber zusätzlich zur Ehe eine
komplementäre sexuelle Verbindung, die meist relativ dauerhaft
war (= wiederum Konkubinat).
Der Beginn einer nebenehelichen Verbindung konnte zu dieser Zeit
durch ein kurzes, einfaches Ritual angezeigt werden.
Im christlichen Europa wurde das Konkubinat
lange als illegal eingestuft.
Durch die von der Kirche im christlichen Europa
des Mittelalters und in der beginnenden Neuzeit eingeleiteten
Veränderungen wie
Behinderung der Scheidung
Verhinderung der Polygynie (Vielehe) sowie
Verbot der Priesterehe
blühte das Konkubinat auf
und entwickelte sich zu einer halboffiziellen bis
ganz verheimlichten sexuellen Beziehung.
Und paradoxerweise galt das Konkubinat gerade in den
Reihen der Priester als Alternative zur rechtmäßigen
Ehe, die aufgrund des Zölibats verboten war. Am Ende
dieser Entwicklung stand die Degradierung der
Konkubine zur "Mätresse" und die daraus
hervorgegangenen Kinder waren die "Bastarde".
Interessanterweise ist es gerade die Kirche es, die in
unserer Gesellschaft die absolute Treue in der Ehe
vorschreibt und Ehebruch verurteilt. Kann es sein, dass
da ein verborgener Neid noch aus früheren Zeiten auf die
Ehemänner besteht?
Die Pseudogruppenehe
Auf meinem Weg durch diese Geschichten zur Geliebten
fand ich dann noch die Pseudogruppenehe (= Eheketten) heraus. Der
Unterschied zu einer echten Gruppenehe ist hier, dass
bestimmte Ehepartner mit bestimmten anderen verheiratet sind und
nebenbei aber legitime Sexualbeziehungen unterhalten. Diese Form
wurde z.B. in Südwestindien bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts
praktiziert. In Regionen Indiens konnte eine Frau somit mit einem Mann
aus einer höheren Kaste eine rituelle Ehe eingehen, aber
danach mit mehreren Männern aus ihrer Unterkaste sexuelle Beziehungen
ausüben.
Ebenso konnte ein Ehemann anderen Männern das Recht auf sexuelle
Beziehungen mit seiner Frau einräumen.
Die Gruppenehe
Ein klassisches Beispiel für eine Gruppenehe
geben auch die Bewohner der Marquesas-Inseln (Australien) aus der
vorkolonialen Zeit. Dort war es z.B. einer Frau erlaubt, mit zwei oder
mehr Männern verheiratet zu sein und jeder ihrer Männer konnte
gleichzeitig mit zwei oder mehr Frauen in sexueller Beziehung stehen.
Zum Schluss möchte ich noch auf die
Möglichkeit des Fremdgehens unter dem Begriff der "Zeugungshilfe"
hinweisen, d.h. im Falle des Ausbleibens der Nachkommenschaft erlaubte
es die patrilineare Gesellschaft (männliche) zu Zeiten des
Konkubinats, dass eine temporäre nebeneheliche Beziehung zu
Lebzeiten des Ehemannes von der eigenen Frau zwecks Zeugung mit einem
anderen Mann stattfinden darf. Eine verwandtschaftliche Beziehung
zwischen den Sexualpartnern musste dabei nicht bestehen. Die daraus
entstandenen Nachkommen galten jedoch als legitim für die Ehe.
Die Geschichte zeigt also, dass die absolute, lebenslange Treue
zwischen zwei Menschen nicht unbedingt eine
ideale und erstrebenswerte Lebensform darstellt und dass immer
schon aus unserer Sicht „betrogen“ wurde, und zwar in allen Varianten.
Treue ist in der Natur des Menschen nicht vorgesehen.
Sie blockiert allenfalls das Individuum in der Entwicklung und im
Fortschritt.
Eine andere, sehr interessante Variante der Deutung von Geliebten,
Fremdgängern und aller Betroffenen bietet die Sicht der
Seelenpartner (von Judy Hall). Sie geht mit Ihren Ausführungen
aus der geschichtlichen Entwicklung heraus und greift auf die Zeit
der Vorleben der Betroffenen zurück, wo bereits Verflechtungen
stattgefunden haben, die bis in die heutige Gegenwart hinein reichen,
ihre Berechtigung zeigen und Lösungen fordern.
Copyright by: Brigitte Becker (Buchautorin von
LA LINCE - 3 x 3 Monate - Roman, ISBN 3-8311-3343-3)
Seite 1 |
2 |
3 |
Foto: Andreas Infurna
www.aboutpixel.de |