Eine Liebe ohne Alltag

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Das Konkubinat wird immer in Bezug auf die Ehe definiert. Von dieser Definition sind die Grenzen zwischen ihm, zum einen, und der Polygamie, also neben- bzw. außereheliche Beziehungen, zum anderen, abhängig. Teilweise diente das Konkubinat einem ähnlichen Zweck wie dem der rechtmäßigen Ehefrau, wo der Mann sich eine weitere Frau mit vollberechtigtem Status nehmen konnte, um z.B. einen Erben zu bekommen.
Interessant bei der Geschichte des Konkubinats ist, dass diese Form sozial war, jedoch einem ehelichen Verhältnis nicht gleichwertig gestellt wurde. Trotzdem bestand aber zusätzlich zur Ehe eine komplementäre sexuelle Verbindung, die meist relativ dauerhaft war (= wiederum Konkubinat). Der Beginn einer nebenehelichen Verbindung konnte zu dieser Zeit durch ein kurzes, einfaches Ritual angezeigt werden.

Im christlichen Europa wurde das Konkubinat lange als illegal eingestuft.

Durch die von der Kirche im christlichen Europa des Mittelalters und in der beginnenden Neuzeit eingeleiteten Veränderungen wie

Behinderung der Scheidung
Verhinderung der Polygynie (Vielehe) sowie
Verbot der Priesterehe

blühte das Konkubinat auf und entwickelte sich zu einer halboffiziellen bis ganz verheimlichten sexuellen Beziehung. Und paradoxerweise galt das Konkubinat gerade in den Reihen der Priester als Alternative zur rechtmäßigen Ehe, die aufgrund des Zölibats verboten war. Am Ende dieser Entwicklung stand die Degradierung der Konkubine zur "Mätresse" und die daraus hervorgegangenen Kinder waren die "Bastarde".
Interessanterweise ist es gerade die Kirche es, die in unserer Gesellschaft die absolute Treue in der Ehe vorschreibt und Ehebruch verurteilt. Kann es sein, dass da ein verborgener Neid noch aus früheren Zeiten auf die Ehemänner besteht?

Die Pseudogruppenehe

Auf meinem Weg durch diese Geschichten zur Geliebten fand ich dann noch die Pseudogruppenehe (= Eheketten) heraus. Der Unterschied zu einer echten Gruppenehe ist hier, dass bestimmte Ehepartner mit bestimmten anderen verheiratet sind und nebenbei aber legitime Sexualbeziehungen unterhalten. Diese Form wurde z.B. in Südwestindien bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts praktiziert. In Regionen Indiens konnte eine Frau somit mit einem Mann aus einer höheren Kaste eine rituelle Ehe eingehen, aber danach mit mehreren Männern aus ihrer Unterkaste sexuelle Beziehungen ausüben. Ebenso konnte ein Ehemann anderen Männern das Recht auf sexuelle Beziehungen mit seiner Frau einräumen.

Die Gruppenehe

Ein klassisches Beispiel für eine Gruppenehe geben auch die Bewohner der Marquesas-Inseln (Australien) aus der vorkolonialen Zeit. Dort war es z.B. einer Frau erlaubt, mit zwei oder mehr Männern verheiratet zu sein und jeder ihrer Männer konnte gleichzeitig mit zwei oder mehr Frauen in sexueller Beziehung stehen.

Zum Schluss möchte ich noch auf die Möglichkeit des Fremdgehens unter dem Begriff der "Zeugungshilfe" hinweisen, d.h. im Falle des Ausbleibens der Nachkommenschaft erlaubte es die patrilineare Gesellschaft (männliche) zu Zeiten des Konkubinats, dass eine temporäre nebeneheliche Beziehung zu Lebzeiten des Ehemannes von der eigenen Frau zwecks Zeugung mit einem anderen Mann stattfinden darf. Eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen den Sexualpartnern musste dabei nicht bestehen. Die daraus entstandenen Nachkommen galten jedoch als legitim für die Ehe.
Die Geschichte zeigt also, dass die absolute, lebenslange Treue zwischen zwei Menschen nicht unbedingt eine ideale und erstrebenswerte Lebensform darstellt und dass immer schon aus unserer Sicht „betrogen“ wurde, und zwar in allen Varianten. Treue ist in der Natur des Menschen nicht vorgesehen. Sie blockiert allenfalls das Individuum in der Entwicklung und im Fortschritt.
Eine andere, sehr interessante Variante der Deutung von Geliebten, Fremdgängern und aller Betroffenen bietet die Sicht der Seelenpartner (von Judy Hall). Sie geht mit Ihren Ausführungen aus der geschichtlichen Entwicklung heraus und greift auf die Zeit der Vorleben der Betroffenen zurück, wo bereits Verflechtungen stattgefunden haben, die bis in die heutige Gegenwart hinein reichen, ihre Berechtigung zeigen und Lösungen fordern.

Copyright by: Brigitte Becker (Buchautorin von LA LINCE - 3 x 3 Monate - Roman, ISBN 3-8311-3343-3)

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